Sprachbarrieren in der Gesundheitsversorgung überwinden

Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung verlässlich ermöglichen

„Eine erfolgreiche Behandlung basiert auf verständlicher Aufklärung und Diagnostik“, sagt Amelie Thobaben, Präsidentin der Psychotherapeutenkammer. „Sprachmittlung stellt sicher, dass ein Behandlungserfolg erzielt werden kann.“

Hermann Schulte-Sasse, Vorsitzender des Paritätischen Bremen, fasste das Thema weiter. „Sprachliche Verständigung ist die Grundvoraussetzung für den Zugang zu bestimmten sozialen Leistungen und somit für gesellschaftliche Teilhabe“, so Schulte-Sasse. Mangelnde Verständigung behindert eine adäquate Unterstützung und Hilfe z.B. auch in der Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung, bei der Beratung nach sexualisierter Gewalt und natürlich in Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer. Daher fordert der Paritätische auch die Sicherstellung der sprachlichen Verständigung durch Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für Sprachmittlung. „Das muss im allgemeinen Teil der Sozialgesetzbücher, im SGB I, geregelt werden“, so der Verbandsvorsitzende.

In Bremen gibt es seit 2019 ein Modellprojekt zur Sprachmittlung. Dieses Projekt ermöglicht die Finanzierung von Sprachmittlung bei psychiatrischer und psychotherapeutischer Beratung und Behandlung. Refugio Bremen koordiniert die Antragstellung und die Terminierung mit Sprachmittelnden und Praxen. Zusätzlich werden die Qualifizierung und Supervision von Sprachmittler/innen und die Weiterbildung für Behandler/innen durchgeführt. Gefördert wird das Projekt von der Senatorin für Gesundheit. Der Sprachmittlungspool verfügt zurzeit über 51 Sprachmittelnde und etwa 16 verschiedene Sprachen. Dadurch konnten bisher knapp 2000 Stunden Sprachmittlung in Bremer und Bremerhavener Praxen realisiert werden. „Vor allem ist so der barrierefreie Zugang zur Gesundheitsversorgung gewährleistet und eine bessere Teilhabe für Geflüchtete möglich“, berichtete Ingrid Koop, therapeutische Leiterin des Behandlungszentrums Refugio.

In Erfahrungsberichten von Psychotherapeut/innen wurde die Arbeit mit Sprachmittlung vorgestellt. „Trotz mancher Herausforderung, sind es die Chancen, die bei der Therapie zu dritt überwiegen“, fasst Amelie Thobaben die Erkenntnisse der Veranstaltung zusammen. „Denn es werden konkrete Hürden abgebaut und beispielsweise Fehlbehandlungen von Patient/innen vermieden.“ Insbesondere verdeutlichte Amelie Thobaben die Wichtigkeit der Weiterfinanzierung von Sprachmittlung in Bremen: „Es gibt keinen Zweifel daran, dass dieses Modellprojekt verstetigt werden muss.“

Die Psychotherapeutenkammer, die Ärztekammer sowie der Paritätische in Bremen wollen auf der Basis einer gemeinsamen Stellungnahme Gespräche mit Politikerinnen und Politikern sowie Behörden führen, um den Zugang zu psychiatrischer und psychotherapeutischer Versorgung durch spezifische Sprachmittlung nachhaltig zu verbessern.

 

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