Leitbild
Präambel
Der Paritätische Wohlfahrtsverband, Landesverband Bremen e.V., ist ein Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege und Dachverband für rund 200 selbständige Mitgliedsorganisationen aus allen Bereichen der Freien Wohlfahrtspflege in Bremen und Bremerhaven. Der Landesverband engagiert sich mit Beteiligungen an rechtsfähigen Gesellschaften auch in der praktischen Sozialarbeit. Er ist Mitglied des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Gesamtverband e.V.
Paritätische Arbeit geht in Bremen auf das Jahr 1924 zurück. Die Gründung des Landesverbandes erfolgte im Jahr 1948. Der Verband ist all jenen Personen dankbar, die den PARITÄTISCHEN und seine Vorläuferorganisationen in demokratischer Weise geprägt haben; er bekennt und bedauert die Fehlentwicklungen in der Zeit des Nationalsozialismus. Die Auseinandersetzung mit seiner Geschichte wird als Verpflichtung zu einer verantwortungsvollen Gestaltung der Gegenwart und gegenüber künftigen Generationen betrachtet.
Der Landesverband und seine Mitgliedsorganisationen sehen sich gegenwärtig - in einer Zeit gesellschaftlicher und sozialpolitischer Umbrüche - neuen und ungewohnten Herausforderungen gegenüber. Die für einen Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege ohnehin vorhandenen Spannungsfelder zwischen Staat, Markt, Politik und Bürgerinnen und Bürgern, zwischen professioneller Sozialarbeit und bürgerschaftlichem Engagement und zwischen Eigeninteressen und sozialanwaltlichen Funktionen für benachteiligte Bevölkerungsgruppen müssen neu ausbalanciert werden. Fertige Lösungen gibt es nicht; erwartet werden kann aber ein verantwortungsvoller Umgang mit Widersprüchen und Ambivalenzen.
Das Leitbild dient der kritischen Überprüfung und Weiterentwicklung des Verbandes, damit er auch künftig für seine Mitglieder kompetent, lebendig und streitbar ist. Es bietet außerdem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Orientierung für ihre tägliche Arbeit und eine Grundlage für die Qualitätsentwicklung und -sicherung.
Leitsätze
1. Für den Paritätischen Wohlfahrtsverband ist die Wahrung der Interessen seiner Mitgliedsorganisationen oberstes Ziel. Der Respekt vor ihrer Autonomie bestimmt sein Handeln.
Der PARITÄTISCHE, Landesverband Bremen e.V., ist Dachverband für seine Mitgliedsorganisationen. Sie sind oberster Souverän des Verbandes. Im Respekt vor ihrer Autonomie und Selbstverantwortlichkeit fördert der Landesverband seine Mitglieder in ihren Funktionen als Träger Sozialer Arbeit, sozialwirtschaftliche Unternehmen und Arbeitgeber mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln.
Er realisiert dies insbesondere durch die verbandspolitische Interessenvertretung, wirtschaftliche, rechtliche und organisationsbezogene Beratung, die Vermittlung von Stiftungsmitteln und anderen Ressourcen, durch umfassende Information über die Rahmenbedingungen für die Freie Wohlfahrtspflege, durch Öffentlichkeitsarbeit und fachliche Anregung.
2. Konstitutiv für den PARITÄTISCHEN sind demokratische Willensbildungsprozesse auf der Basis der Gleichberechtigung aller Mitglieder.
Gleiche Stimmrechte für alle und demokratische Willensbildungsprozesse bestimmen das Handeln des PARITÄTISCHEN in allen Bereichen, in denen es um Interessenausgleich und Einigungsprozesse geht. Dieser Grundsatz gilt im Verhältnis des Verbandes zu seinen Mitgliedsorganisationen und in deren Verhältnis zueinander. Als einem Dachverband gleicher und selbständiger Mitglieder ist dem PARITÄTISCHEN der Schutz von Minderheiten ein besonderes Anliegen.
3. Offenheit, Toleranz und Vielfalt sind grundlegende Prinzipien paritätischer Sozialarbeit. Der Verband respektiert das Selbstbestimmungsrecht seiner Mitgliedsorganisationen in weltanschaulichen, konzeptionellen und fachlichen Fragen.
Im PARITÄTISCHEN gibt es Mitglieder mit unterschiedlicher weltanschaulicher und fachlicher Ausrichtung. Es gibt kleine und große Organisationen und eher sozialwirtschaftlich oder eher bürgerschaftlich ausgerichtete Vereinigungen. Freikirchliche, humanitäre und neuen sozialen Bewegungen verpflichtete Initiativen stehen nebeneinander.
Die Mitgliedsorganisationen decken ein weites Spektrum zwischen Selbsthilfe und professioneller Sozialarbeit ab. Der Verband betrachtet die Vielfalt als besondere Chance für die Suche nach besten Lösungen, für Austausch und Wettstreit und für Auseinandersetzungen um grundlegende Fragen nach den Aufgaben moderner Sozialarbeit. Der Verband unterstützt den Austausch von Meinungen und fachlichen Positionen. Beratung und Unterstützung sowie Veranstaltungsangebote orientieren sich sowohl an gemeinsamen Interessen aller Mitglieder als auch an den je spezifischen Bedarfen.
4. Der Paritätische Wohlfahrtsverband sieht sich in der Mitverantwortung für die Gestaltung einer gerechten und solidarischen Gesellschaft.
Der PARITÄTISCHE setzt sich für sozialen Ausgleich ein, wendet sich gegen Ausgrenzung, Diskriminierung und Demütigung und gestaltet eine demokratische, gerechte und soziale Kultur im Lande Bremen mit. Der Verband nimmt Stellung zu gesellschafts-, sozial- und wohlfahrtspolitischen Fragen. Er vertritt Interessen seiner Mitgliedsorganisationen und macht Lobbyarbeit für benachteiligte Menschen. Er vermittelt zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, den Generationen und zwischen Politik und Verwaltungen auf der einen und den Interessen von Bürgerinnen und Bürgern auf der anderen Seite.
5. Der Paritätische Wohlfahrtsverband fördert bürgerschaftliches Engagement.
Ihre gesellschaftliche Akzeptanz und wohlfahrtspolitische Position verdankt die Freie Wohlfahrtspflege auch ihrer Fähigkeit, Menschen für ehrenamtliches bzw. bürgerschaftliches Engagement zu gewinnen. Der PARITÄTISCHE unterstützt Menschen beim Aufbau von neuen Organisationen, ehrenamtlich Tätige bei der Ausübung und Ausgestaltung ihres Engagements und Mitgliedsorganisationen bei der Realisierung von Konzepten zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements.
6. Die Arbeit des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes basiert auf Beteiligung, Kooperation und wechselseitiger Unterstützung. Der Verband schafft dafür eine Kultur der Diskussion und Konfliktbearbeitung.
Zu seiner Bindung an demokratische Grundwerte gehört die Wertschätzung von Diskussionen und Kooperationen. Der Landesverband sorgt dafür, dass sich in seinen Gremien und Facharbeitskreisen produktive Formen der Kooperation, der Debatte und des fachlichen Austausches entwickeln. Er unterstützt und fördert die dort entwickelten Ideen durch seine hauptamtliche Struktur. Eine besondere Aufmerksamkeit erfahren Initiativen zur Kooperation und Vernetzung zwischen den Mitgliedsorganisationen und zur Optimierung der Zusammenarbeit zwischen der Geschäftsstelle und den Gremien und Arbeitskreisen. Der PARITÄTISCHE betrachtet Konflikte, Auseinandersetzungen und unterschiedliche Meinungen nicht als Störfaktoren, sondern als wesentliche Voraussetzung für eine lebendige Weiterentwicklung von Einzelnen sowie des Verbandes. Entsprechende Prozesse werden im Geiste von Fairness und Respekt moderiert.
7. Der Paritätische Wohlfahrtsverband handelt effektiv, qualitätsbewusst und wirtschaftlich. Er legitimiert sich gegenüber seinen Mitgliedern.
Der PARITÄTISCHE folgt in seinem Handeln Prinzipien wirtschaftlichen Mitteleinsatzes und effektiver Organisationsgestaltung. Zur Qualifizierung der Verbandsarbeit führt er Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und -sicherung durch. Er vereinbart Ziele, kontrolliert die Zielerreichung und informiert die Mitgliedsorganisationen umfassend über die Aufgabenerfüllung und Ressourcenverwendung. Der Verband setzt sich für einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen und gesellschaftlichen Ressourcen ein.
8. In seinen gemeinnützigen sozialwirtschaftlichen Ausgründungen und Beteiligungen engagiert sich der Landesverband mittelbar auch in praktischen Fragen der Wohlfahrtspflege. Die Unternehmen stehen zum Verband in einem besonderen Verhältnis.
Der PARITÄTISCHE, Landesverband Bremen e.V., hat sich dafür entschieden, keine eigenen Sozialen Dienste zu betreiben. Er ist aber Allein- und Mitgesellschafter von rechtlich selbständigen Gesellschaften, die sich unmittelbar in der Sozialen Arbeit engagieren. Dem Landesverband bietet dies die Möglichkeit, im engen Kontakt zur Praxis der Wohlfahrtspflege zu bleiben, Einfluss auf fachliche Entwicklungen zu nehmen und Erfahrungen für die Beratung seiner Mitgliedsorganisationen zu sammeln.
Beteiligungen bieten dem Landesverband darüber hinaus die Möglichkeit, mit Mitgliedsorganisationen auch unmittelbar zu kooperieren und sich gemeinsam mit ihnen neuen Anforderungen zu stellen. Dies bedingt eine besondere Nähe der Geschäftsstelle des Landesverbandes zu den Gesellschaften in der alltäglichen Arbeit und im fachlichen Austausch, hebt sie jedoch in ihrer Rolle als Mitgliedsorganisationen im Spitzenverband nicht von anderen Mitgliedern ab.
9. Dieses Leitbild ist für die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesverbandes handlungsleitend.
Die Leitlinien der verbandlichen Politik konkretisieren sich insbesondere in einem kollegialen Leitungs- und Arbeitsstil, der sich beispielsweise äußert in der Bereitstellung von Spielräumen für selbständiges Handeln, der Förderung von Eigeninitiative, in einer nicht bevormundenden Sorge um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und in Arbeitsbedingungen, die den Bedürfnissen der Beschäftigten einerseits und den fachlichen Anforderungen an die Geschäftsstelle andererseits Rechnung tragen.
10. Der Paritätische Wohlfahrtsverband bleibt offen für Reaktionen auf gesellschaftliche Entwicklungen, neue Ideen und soziale Innovationen.
Die Freie Wohlfahrtspflege entwickelt bedarfsgerechte Lösungen für individuelle und kollektive soziale Problemlagen und setzt sich streitbar für die Interessen ihrer Klientinnen und Klienten ein. Der Landesverband unterstützt seine Mitglieder darin, diese Funktionen zu erfüllen und bedarfsgerecht weiter zu entwickeln. Der PARITÄTISCHE entwickelt eigene Ideen, moderiert Abstimmungsprozesse und unterstützt seine Mitglieder, um ihre zivilgesellschaftlichen, sozialpolitischen und fachlichen Ideen umzusetzen.