Pro familia seit 50 Jahren aktiv in Bremen und Bremerhaven
Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung
So turbulent wie die damalige Zeit, so turbulent waren auch die Debatten in dem noch jungen Verein und in der Bremer Öffentlichkeit. Es ging um Tabuthemen: Sexualität nicht nur in der Ehe, Verhütung, Schwangerschaftsabbruch oder gleichgeschlechtliche Liebe. Heute steht pro familia für Beratung in allen Fragen rund um Sexualität, Liebe und Familienplanung. Rund 25.000 Frauen und Männer, Mädchen und Jungen nutzen jedes Jahr die pro-familia- Beratungsstellen in Bremen-Stadt, Bremen-Nord und Bremerhaven. Neben dem 50jährigen Jubiläum des Landesverbandes wird das 40jährige Jubiläum des Medizinischen Zentrums gefeiert.
1971 fanden die ersten Beratungen in Bremerhaven statt, 1972 wurde das erste Beratungsbüro in den Räumen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands im Fedelhören 49 eröffnet. Auch wenn die Satzung damals recht konservativ klang - als Satzungszweck wurde angegeben "für die gesunde Familie mit dem verantwortungsbewussten Willen zum Kind zu wirken" - so erregte die Eröffnung dieses ersten Beratungsbüros doch viel öffentliche Aufmerksamkeit. und auch Kritik. Vor allem auch, als pro familia 1979 ein Beratungs- und Behandlungszentrum an der Stader Straße bezog und die Zulassung zur Durchführung von ambulanten Schwangerschaftsabbrüchen erhielt. „Wir waren das erste Zentrum in Deutschland, dass ambulante Schwangerschaftsabbrüche mit der schonenden Absaugmethode durchführte“, sagt Monika Börding, Geschäftsführerin von pro familia. Konservative und religiöse Kreise kritisierten die Schwangerschaftsabbrüche heftig, Anfeindungen und Anzeigen waren an der Tagesordnung. 1980 wurden sogar die Räumlichkeiten von pro Familia verwüstet.
Heute überwiegt doch Akzeptanz und Wertschätzung. Im medizinischen Zentrum werden jährlich 2500 Frauen und Männer behandelt. Neben den Abbrüchen sowie Sterilisationen von Männern und Frauen werden auch Beratungen über Verhütungsmittel wie Spirale oder Diaphragma durchgeführt.
Vor allem die Beratungsangebote haben sich im Laufe der Jahre professionalisiert und differenziert. Rund 2100 Schwangerschaftskonfliktberatungen nach §219 führte pro familia 2018 durch, Anzahl der Einzel- und Paarberatungen zu Themen Sexualität, Schwangerschaft, Geburt und Elternschaft liegt bei rund 2300 Beratungen pro Jahr in den drei Beratungsstellen in Bremen, Brem-Nord und Bremerhaven.
Ein wichtiger Schwerpunkt ist die sexualpädagogische Arbeit mit Jugendlichen. Einzelne Mädchen und Jungen, aber auch gesamte Schulklassen können sich über Themen wie Verhütung, Aids, Schwangerschaft oder den Umgang mit Sexualität und Pornografie im Internet informieren. „Liebe, Sexualität und Verhütung sind für junge Menschen immer wichtige Themen, die leider auch heute oft schambesetzt sind“, sagt Monika Börding. Über 2100 Schülerinnen und Schüler nahmen 2018 an den sexualpädagischen Seminaren der pro familia teil Auch Eltern, Lehrer oder Erzieher finden ein Angebot zu allen Fragen über kindliche und jugendliche Sexualität.
Ein noch relativ neues Beratungsthema für pro familia ist die weibliche Genitalverstümmelung, die bei den betroffenen Frauen massive körperliche Beeinträchtigungen, Schmerzen und seelisches Leid verursacht. Weibliche Genitalverstümmelung ist in Deutschland strafbar. „Fachkräfte in Krankenhäusern und Beratungsstellen, aber auch Lehrerinnen und Erzieherinnen sind zunehmend mit betroffenen Frauen konfrontiert oder haben den Verdacht, dass junge Mädchen beschnitten werden sollen. Wir informieren und qualifizieren diese Fachkräfte, damit sie die betroffenen Frauen kultursensibel beraten und bei den Eltern präventiv wirken und Bescheidungen verhindern können“, so Börding.
Hauptsitz der pro familia ist eine Bürgervilla in der Hollerallee 24, die der Verein 1998 bezog. „Wir finden es richtig und wichtig, das pro familia mit ihren Themen auch in der Mitte der Stadt ihren Standort hat“, sagt Börding.