Kritik an Kindergrundsicherung

Wir begrüßen die Stoßrichtung, aber es bleibt ein Tropfen auf den heißen Stein. Arme Kinder werden nach diesem Vorschlag arm bleiben.

Die „Ampel“-Koalition hat nach langem Hin und Her in Sachen Kindergrundsicherung am 28. August 2023 endlich einen Kompromiss zur Ausgestaltung und Finanzierung vorgelegt. Als Paritätischer Bremen begrüßen wir die Stoßrichtung, nach der alle Leistungen gebündelt und über ein Familienserviceportal mit einem Kindergrundsicherungscheck zur Verfügung gestellt werden. Doch zur reellen Bekämpfung bzw. Abschaffung von Kinderarmut trägt die Kindergrundsicherung aus unserer Sicht nicht bei. Von einem Neustart der Familienförderung kann keine Rede sein.

  • Gut, dass das Gehampel um die Kindergrundsicherung endlich vorbei ist. Das war unwürdig!
  • Gut, dass endlich das soziokulturelle Existenzminimum neu berechnet wird – das ist lange überfällig!
  • Gut, dass erwerbstätige Eltern im ergänzenden Leistungsbezug mehr vom Einkommen und Unterhaltsleistungen oder Unterhaltsvorschuss als bisher behalten können.

ABER: Insgesamt bleiben die Pläne der Ampel weit hinter den Erwartungen zurück. Arme Kinder werden nach diesem Vorschlag arm bleiben. Die neue Kindergrundsicherung wird ein Tropfen auf dem heißen Stein bleiben. Vor allem für Kinder nicht erwerbstätiger Eltern!**

Unsere Kritik:

  • Familien mit höherem Einkommen profitieren
    Der neue Garantiebetrag (bisher Kindergeld) wird wie bisher auf die Sozialleistungen angerechnet. Also profitieren – wie bisher – Menschen mit höheren Einkommen vom steuerlichen Kinderfreibetrag mehr als Menschen, die Kindergeld bekommen.
  • Regelsatz weiterhin zu niedrig
    Die verbesserten Regelungen zur Anrechnung von Einkommen bzw. Unterhalt und Unterhaltsvorschuss sind hilfreich, treffen aber nicht die Kinder, deren Eltern aus unterschiedlichen Gründen keiner Erwerbsarbeit nachgehen können. Sie profitieren faktisch nur von einer Neuberechnung des Regelsatzes, die noch vorzunehmen ist.
  • Armutsbetroffene Familien sind häufig digital abgehängt
    Das neue Familienserviceportal mit Kindergrundsicherungscheck klingt erstmal gut, aber oft fehlt es armutsbetroffenen Familien aus wirtschaftlichen Gründen an Zugang und Kompetenzen zu Digitalisierung. Hier gibt es hohen Aufklärungs- und Unterstützungsbedarf.
  • Einzelleistung statt Pauschale
    Das Kinderchancenportal für das Bildungs- und Teilhabepaket bleiben einzelne Leistungen und keine Pauschale innerhalb der Kindergrundsicherung, wie der Paritätische es gefordert hatte.

--------------------------------

**Warum Eltern nicht arbeiten (können)

Kinder dürfen nicht in Mithaftung ihrer Eltern genommen werden und nur weil diese (noch) keine Arbeit haben, von Teilhabe ausgeschlossen werden! Viele Eltern wollen arbeiten, sind aber vom Arbeitsmarkt aus diversen Gründen ausgeschlossen.

  • Chronische somatische oder psychische Erkrankungen
  • Pflege Angehöriger (eigene Kinder, eigene Eltern oder andere Angehörige)
  • Zu geringe Sprachkenntnisse, nicht anerkannte Qualifizierungen aus dem Ausland (braucht alles sehr lang, bis Integration auf dem Arbeitsmarkt erfolgt)
  • Arbeitsmarkt sucht aktuell qualifiziertes Personal. Die meisten Langzeitarbeitslosen haben keine Ausbildung, in einigen Fällen nicht mal einen Schulabschluss

----------------------------------------------

Zurück