26 Prozent der Menschen in Bremen von Armut betroffen

Paritätischer Armutsbericht: Arme werden ärmer

Balkendiagramm mit der Überschrift: "Armutsrepublik Deutschland" mit der Armutsquote der Bundesländer. Durschnitt für Deutschland insgesamt: 15,5%. Die Spanne reicht von Bremen mit 25,9% bis Bayern mit 11,8%.

Medieninfo 

Bremen/Berlin, 29.04.2025. Die Armut in Deutschland hat 2024 noch einmal zugenommen: 15,5 Prozent der Bevölkerung müssen dem Paritätischem Armutsbericht zufolge zu den Armen gezählt werden. Das sind fast 1 Million mehr Menschen als im Vorjahr, also rund 13 Millionen Menschen. Besonders denkwürdig: Einkommensarme Menschen sind noch ärmer geworden, das mittlere Einkommen ist gesunken.

Bremen weist im Ländervergleich erneut die mit Abstand höchste Armutsquote auf: 2024 waren im Land Bremen 25,9 Prozent von Armut betroffen, mehr als 2023 (21,5 Prozent). In Bayern liegt die Armutsquote bei 11,8 Prozent.

„Es ist alarmierend, dass die Armutsquote – vor allem auch in Bremen – gestiegen ist. Was wir dringend brauchen, ist eine vernünftige Armutspolitik auf Bundesebene. Hier muss die neue Bundesregierung deutlich nachlegen, denn sowohl im Wahlkampf als auch im Koalitionsvertrag kommt das Thema aus unserer Sicht viel zu kurz“, so Dr. Joachim Schuster, Verbandsratsvorsitzender des Paritätischen Bremen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband sieht daher neben besseren Erwerbseinkommen großen Handlungsbedarf vor allem bei der Bekämpfung von Wohn- und Familienarmut, der Stärkung der Rentenversicherung und dem Ausbau der Grundsicherung.

Von Armut betroffen sind laut Armutsbericht insbesondere Alleinerziehende, junge Erwachsene und Rentner*innen, wobei die Altersarmut stark weiblich geprägt ist. Erstmals weist der Armutsbericht auch die Zahl derer aus, die in erheblicher materieller Entbehrung leben: 5,2 Millionen Menschen – darunter 1,1 Millionen Kinder und Jugendliche sowie 1,2 Millionen Vollzeiterwerbstätige – können sich etwa nicht leisten, die Wohnung warm zu halten oder alte Kleidung zu ersetzen.

„Sorgen bereitet uns, dass der Sozialstaat insgesamt immer schlechter vor Armut schützt", mahnt Dr. Joachim Schuster. Armut müsse strukturell bekämpft werden, da sie die Ursache für viele andere Probleme sei und am Ende auch die Demokratie gefährde. „Das Land Bremen muss der Reduzierung der Armutsfolgen weiterhin Priorität einzuräumen, etwa bei der Förderung armutsbetroffener Kinder in Kita und Schule, in der Arbeitsmarktpolitik oder im Wohnungsbau", so Schuster.

Positiv entwickelt hat sich die Zahl der Erwerbstätigen in Armut: Hier zeigt der Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes einen leichten Rückgang. Ausschlaggebend für diese Verbesserung sei die Erhöhung des Mindestlohnes sowie die Reform des Wohngeldes.

Der Paritätische Armutsbericht „Verschärfung der Armut” ist der erste Teil einer neuen Reihe von Armutsberichten mit verschiedenen Schwerpunkten. Er stützt sich dabei auf die Mikrozensus-Unterstichprobe zu Einkommen und Lebensbedingungen vom Statistischen Bundesamt (MZ-SILC). Der nächste Teil der Paritätischen Armutsberichterstattung widmet sich dem Thema Kinderarmut und soll im Sommer 2025 erscheinen.

* Hinweis für die Redaktionen: Der Paritätische Armutsbericht 2025 arbeitet – anders als in den Vorjahren – nicht länger mit den Daten des Mikrozensus-Kern, sondern mit der Unterstichprobe MZ-SILC, weil sich die Erhebung in jüngster Vergangenheit methodisch verbessert hat. Daher sind die Zahlen nicht ohne Weiteres mit denen früherer Armutsberichte vergleichbar. Im vorliegenden Bericht sind aber Entwicklungen zu den Vorjahren nach MZ-SILC ausgewiesen, siehe S. 40.

Fakten: Armut in Bremen 2024

  • Die Armutsquote in Bremen liegt bei 25,9 Prozent, im Vergleich zu 2023 (21,5 %) ist die Quote um 4,4 Prozentpunkte gestiegen. 2020: 20,0 %; 2021: 29,6 %, siehe S. 40.
  • In Bremen leben erneut die meisten von Armut betroffenen Menschen, es gibt gravierende Unterschiede zwischen den Ländern: Auf Bremen folgt Sachsen-Anhalt (22,3 Prozent), alle anderen Bundesländer haben eine Armutsquote unter 18 Prozent. In Bayern (11,8 Prozent) ist nur jede achte Person von Armut betroffen.
  • Der Abstand zwischen Bayern und Bremen ist dabei von 2023 auf 2024 noch einmal breiter geworden.

Fakten: Armut in Deutschland 2024

  • Von 2023 zu 2024 stieg die Armutsquote in Deutschland um 1,1 Prozentpunkte. Demnach sind 15,5 Prozent der Bevölkerung von Armut betroffen, das entspricht 13 Mio. Menschen.
  • Die Armutsschwelle liegt aktuell bei Alleinlebende bei 1.381 Euro, für eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern (U14) bei 2.900 Euro. Im Schnitt liegen einkommensarme Menschen mit ihrem monatlichen Einkommen noch 281 Euro unterhalb der Armutsschwelle.
  • Frauen (16,2 %) wiesen 2024 eine etwas höhere Armutsquote auf als Männer (14,7 %).
  • Unter den 18- bis unter 25-Jährigen haben Frauen (26,9 %) eine um 4 Prozentpunkte höhere Armutsbetroffenheit als Männer (22,7 %). Zudem gibt es eine Diskrepanz bei älteren Menschen. Ab 75 Jahren sind 21,8 % der Frauen von Armut betroffen, bei Männern 15,4 %.
  • Von Armut betroffene Haushalte/Familien können sich aus finanziellen Gründen z. B. folgende Dinge nicht leisten:
    Hypotheken / Mieten/, Rechnungen von Versorgungsbetrieben oder Konsumentenkredite rechtzeitig zu begleichen, die Wohnung angemessen warm zu halten, jedes Jahr einen einwöchigen Urlaub zu machen, jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder vegetarischer Alternative zu essen, unerwartete Ausgaben (1.250 Euro) aus eigenen Mitteln zu finanzieren, ein Auto zu besitzen, abgenutzte Möbel zu ersetzen.
  • Mindestlohn und Wohngeldreform wirken: Die Zahl der Erwerbsarbeitenden in Armut ist leicht zurückgegangen.
  • Bei der Berechnung der Armutsquoten durch das Statistische Bundesamt werden Personen gezählt, die in Haushalten leben und deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte beträgt.
  • Wegen der Berechnungsgrundlage werden nur im eigenen Haushalt lebende Menschen gezählt. Damit bleiben relevante Gruppen außen vor: wohnungslose Menschen, Personen in Pflegeeinrichtungen oder anderen Gemeinschaftsunterkünften (Wohnheime der Behindertenhilfe, Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete).

Der Paritätische Armutsbericht steht hier zum Download zur Verfügung:
www.der-paritaetische.de/armutsbericht

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