Mit kitab und JAMIL über Islamismus aufklären

Verein VAJA berät und begleitet Jugendliche und Familien mit zwei Angeboten

Junge Menschen stellen sich häufig Fragen zu ihrer Identität und zu ihrem Glauben. Religion oder die Beschäftigung mit ethischen Fragenstellungen kann da Orientierung bieten. Problematisch kann es werden, wenn religiös begründete Ideologien die Jugendliche vereinnahmen und andere Menschen auf Grund ihrer Lebensweise, Religion oder Sexualität ausgrenzen, wie es beim Islamismus und Salafismus der Fall ist.

Mit zwei aus Bundesmitteln finanzierten Projekten arbeitet der Verein zur Förderung akzeptierender Jugendarbeit (VAJA) an diesem Problem. Das Beratungsnetzwerk kitab berät Eltern und Angehörige von Jugendlichen, die sich extremistischen Organisationen zuwenden. Der Name JAMIL steht für Jugendarbeit in muslimischen und interkulturellen Lebenswelten und bedeutet in der arabischen Sprache „schön“ oder auch „gutes, moralisches Verhalten“. Dieses  Projekt arbeitet mit den Methoden der Straßensozialarbeit und wendet sich direkt an die Jugendlichen.

David Aufsess ist bei VAJA für beide Projekte zuständig. Der Pädagoge ist erfahrener Straßensozialarbeiter und hat bereits mit muslimischen Jugendlichen gearbeitet. „Gerade für Jugendliche mit türkischem oder arabischem Migrationshintergrund spielen Glaubensfragen in Zusammenhang mit der eigenen Identität eine große Rolle“, so Aufsess. Gemeinsam mit seiner Kollegin Mehlike Eren-Wassel bietet er regelmäßig nachmittags am Schulzentrum Walle und an der Gesamtschule Ost das „Café Jamil“ oder workshops in Schulklassen an, um über Themen wie Rassismus, Sexualität, Glaubensrituale wie Gebete und Fasten aber auch über „Gott und die Welt“ zu sprechen. „In direktem Kontakt mit den Jugendlichen über die Vielfältigkeit von Glaubens- und Lebensentwürfen zu sprechen, ist wichtig und wirkt präventiv“, sagt Aufsess. „Denn auch die Salafisten sprechen die Jugendlichen direkt an.“

Woran merkt man, dass sich ein Jugendlicher dem Salafismus zuwendet? „Es gibt keine Checkliste, die man abhaken kann“, sagt der Pädagoge. Aber wenn Eltern feststellen, dass sich die Persönlichkeit, das Aussehen oder das Umfeld des Jugendlichen sehr verändern, das Menschen mit anderen Weltanschauungen als „Ungläubige“ abgelehnt oder demokratische Grundwerte infrage gestellt werden, dann können das Indizien sein. „Eltern sind oft unsicher, wie sie sich verhalten sollen. Sie spüren, dass sich ihr Kind zurückzieht und haben Angst, dass sich der Jugendliche radikalisiert“, so Aufsess.

Den Eltern empfiehlt er, mit ihren Söhnen und Töchtern im Gespräch zu bleiben. Oft leichter gesagt als getan, wenn es ständig zu Konflikten kommt. Hilfreich sind Techniken, die Druck und Spannung aus einer Gesprächssituation herausnehmen. „Für die weitaus meisten Jugendlichen ist die Hinwendung zum Islamismus nur in einer Phase ihres Lebens bedeutsam“, so Aufsess. Allerdings ist auch klar: „Wenn sich eine terroristische Straftat anbahnt, müssen wir die Strafverfolgungsbehörden informieren.“

Auch Lehrer, Sozialpädagogen oder Amtsvormünder wenden sich an kitab, denn auch in Schulen und Freizeiteinrichtungen ist oft die Unsicherheit groß, wie man mit einseitigen islamistischen Haltungen oder Aussagen einzelner Jugendlicher umgehen soll. Für diese Zielgruppen bietet das Projekt Multiplikatorenfortbildungen an.

Ein neues, aus dem Integrationskonzept des Bremer Senats finanziertes Projekt des Vereins VAJA soll sich gezielt an unbegleitete minderjährige Jugendliche wenden. Mit „connect“ will VAJA die Jugendlichen dort aufsuchen, wo sie sich aufhalten und sie an die Jugendarbeit in den Stadtteilen anbinden. „Wenn der Halt durch die Familie fehlt, besteht natürlich die Gefahr einer salafistischen Ansprache. Dem müssen wir entgegenwirken“, so Aufsess.

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